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Istanbul

Nach fast fünf Monaten verlassen wir am 21.03.2024 Griechenland und reisen mit viel Vorfreude im Gepäck in die Türkei ein. Unser erster Stopp soll Istanbul sein. Über Kesan und Tekirdağ fahren wir in Richtung der 12-Millionen Metropole und spüren bereits früh den Einfluss dieser riesigen Stadt: dichte Bebauung und entsprechend wenig Stellplätze entlang der Küste des Marmarameers.

Eine letzte Nacht noch auf einem überteuerten Campingplatz und dann stürzen wir uns am Samstagmorgen in das Abenteuer Istanbul. Der Zeitpunkt ist gut gewählt – die Stadt schläft noch – und wir erreichen ohne Staus und erwartetes Verkehrschaos unseren Parkplatz im Stadtteil Yenikapı. Von dort ist fußläufig in wenigen Minuten die S-Bahn zu erreichen und so finden wir uns schon mittags mitten in Istanbul wieder und dürfen einen ersten Blick auf Hagia Sophia, Blaue Moschee und die anderen Sehenswürdigkeiten werfen.

Nach einem kleinen Imbiss fahren wir zurück zu unserem Stellplatz in Yenikapı, wo wir noch die erste Nacht verbringen. Am nächsten Vormittag geht es mit Sack und Pack zum Hotel, das nur zwei Minuten von der S-Bahn-Station in Sirkeci liegt. Gegen Mittag können wir endlich einchecken und sind erst einmal enttäuscht. Das Zimmer ist winzig, die Luft stickig. Die Klimaanlage im Zimmer funktioniert nicht, dafür haben wir direkt vor unserem Fenster die Aggregate und Schächte der Lüftungsanlage für das ganze Hotel – der Lärm ist ohrenbetäubend.

Egal. Wir wollen ja nicht im Zimmer sitzen, sondern Istanbul erleben. Also auf geht’s.

Über die Galata-Brücke mit ihren hunderten Anglern gelangen wir in den Stadtteil Beyoğlu und fahren von dort durch den Tünel mit der zweitältesten U-Bahn der Welt die gut 600 Meter hinauf nach Şişhane und bummeln die Istiklal Caddesi entlang bis zum Taksim Platz. Es ist Sonntagnachmittag und das Gedränge auf der großen Einkaufsmeile ist unglaublich. Zum Glück entdecken wir auf dem Rückweg vom Taksim die Çiçek Pasajı, eine historische Passage von 1876 mit mehreren kleinen Restaurants und vor allem: frisch gezapftem EFES.

Zahnarzt-Suche statt Sightseeing

Der nächste Tag beginnt mit der Suche nach einem Zahnarzt statt Sightseeing. Jochen hat in der Nacht üble Zahnschmerzen bekommen. An der Rezeption nennt man uns eine Adresse nicht weit vom Hotel und tatsächlich bekommen wir noch am selben Abend einen Termin. Bis dahin behelfen wir uns, wie schon in der Nacht, mit Ibu600.
Nachdem das geklärt ist, gönnen wir uns erst mal einen Tee in der Nähe des Gewürzbasars und lassen uns im Anschluss von einem netten jungen Mann, der uns auf der Straße anspricht, dorthin entführen. Nach einer guten halben Stunde sind wir um ein paar Beutel Gewürze, Safran, Pistazien und Tee reicher – und um einen großen Haufen Euro ärmer… 😉 selbst schuld, aber lustig war es auf jeden Fall!

Als nächstes besorgen wir eine SIM-Karte für den Router im LKW und beschließen, die gleich noch zu testen und fahren daher mit der S-Bahn nochmal raus nach Yenikapı. Die SIM funktioniert, wir haben wieder Internet im Auto und nachdem es in unserem Oskar im Vergleich zu unserem Hotelzimmer traumhaft ruhig ist, nutzt Jochen noch die Gelegenheit zu einem Nickerchen, um sich von der anstrengenden Nacht zu erholen.
Um halbsechs sind wir pünktlich beim Zahnarzt. Der Zahn hat sich inzwischen wieder beruhigt, das Röntgenbild zeigt keinen Befund. Eine Wurzelbehandlung wäre verfrüht, also abwarten und hoffen, dass die Schmerzen nicht wiederkommen. Als wir nach dem Preis für die Behandlung fragen, eröffnet man uns, dass sie umsonst sei! Wow! Vielen Dank!

Am Vormittag hatten wir im Hotel noch um ein anderes Zimmer gebeten, da der Lärm von der Lüftungsanlage doch erheblich die Nachtruhe stört. Wir dürfen auch umziehen, bekommen aber ein Zimmer in gleicher Lage, nur jetzt im 6. Stock. Nun ja, ein bisschen besser ist es, aber an ruhige Nächte ist definitiv nicht zu denken.

Für das Abendessen entscheiden wir uns für das Restaurant „Neda“ gleich beim Hotel um die Ecke, was leider eine überteuerte Fehlentscheidung ist. Dafür entdecken wir im Anschluss noch den „Red River Pub“, den wir nach dem ersten Abend bereits zu unserer Istanbuler Stammkneipe erklären. So findet der durchwachsene Tag doch noch ein versöhnliches Ende.

Ärger mit der Istanbul City Card

Trotz der wenig erholsamen Nacht starten wir am nächsten Morgen nach einem ausgiebigen Frühstück auf der Dachterrasse mit viel Elan in das Stadtleben. Um die öffentlichen Verkehrsmittel problemlos nutzen zu können, entscheiden wir uns für die 3-Tage Istanbul City Card (ICC), die laut Beschreibung am Automaten für umgerechnet 20€ pro Person unbegrenzte Nutzung der Öffis sowie diverse Eintritte in Museen und andere Sehenswürdigkeiten bietet… Was für ein Reinfall! Eine komplette Stunde unserer Zeit in Istanbul verplempern wir bereits beim Versuch, die Karte an dem Automaten, der sie ausgespuckt hat, auch aktiviert zu bekommen. Nachdem das endlich funktioniert, erfahren wir beim Umsteigen von einer Linie in die andere, dass die Nutzung zwar unbegrenzt ist, die nächste Fahrt aber frühestens nach einer halben Stunde angetreten werden darf!!! Was für ein Schwachsinn! Den endgültigen Tiefpunkt erfährt unsere Laune dann aber beim Versuch, am Nachmittag die Yerebatan-Zisterne zu besichtigen. Von wegen kostenlos mit der ICC… Die Karte wird nicht akzeptiert bzw. ist dem Personal offenbar unbekannt. Wir beschließen, der Sache auf den Grund zu gehen und, wenn möglich, die Karten zurückzugeben. Die wenig motivierten Damen in dem Verkaufsbüro verstehen zunächst überhaupt nicht, was wir eigentlich wollen, bequemen sich irgendwann aber doch um eine telefonische Klärung mit irgendwelchen Vorgesetzten. Nach insgesamt fast drei Stunden sind wir so schlau wie zuvor: die Karte gilt nur(!) für die Nutzung der Öffentlichen und immer mit 30 Minuten Zwangspause. Freie Eintritte sind nicht enthalten. Warum das auf den Automaten steht, wundert die Damen genauso wie uns, aber am Sachverhalt ändere das nichts. Eine Rückerstattung ist nicht möglich! Vielen Dank für’s Gepräch!

Zwischen dem ganzen Ärger hatten wir dann aber doch noch Zeit für ein bisschen Stadtbummel und Sightseeing: am Vormittag ging es nochmal mit der Tünel Bahn hoch in die Istiklal Caddesi, genauer gesagt in die deutsch-türkische Buchhandlung, um uns mit neuem Lesestoff einzudecken. Anschließend wieder nach Sultanahmet, wo wir als erstes die Blaue Moschee besichtigen wollen. Der Andrang ist zwar enorm, aber die Schlange bewegt sich trotzdem zügig vorwärts und so stehen wir schon nach kurzer Zeit auf dem Teppich des riesigen Gebetsraums unter der beeindruckenden Kuppel und kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Zu unserer Überraschung ist der Eintritt in dieses touristische Highlight tatsächlich frei, selbst die obligatorischen Kopftücher für die Frauen werden am Eingang kostenlos verteilt. Gleiches gilt übrigens auch für alle anderen großen und kleinen Moscheen der Stadt, mit einer Ausnahme: die Hagia Sophia. Seit der erneuten Umwidmung des einstigen Museums zur Moschee im Jahr 2020 dürfen Touristen nicht mehr in den eigentlichen Gebetsraum, sondern nur auf die Empore im ersten Stock. Dafür sind pro Tourist 25€ Eintritt fällig, gläubige Muslime können die Moschee kostenlos betreten. Die Schlange am Touristeneingang sieht darüber hinaus nach mindestens 2-3 Stunden Anstehzeit aus und so beschließen wir fürs Erste, auf einen Besuch zu verzichten.

Sultan Ahmet Camii (Blaue Moschee)

Nachdem es auch mit dem Besuch der Yerebatan-Zisterne nichts wird und wir den Rest des Nachmittags in der Touri-Info verplempern (siehe oben), machen wir uns gegen Abend nochmal auf in Richtung Çiçek Pasajı. Nach all dem Ärger ist uns nach einem Bier und etwas Leckerem zu Essen. Dort lernen wir Susanna kennen, eine Amerikanerin, die seit 35 Jahren in der Türkei lebt und uns mit jeder Menge Tipps für die weitere Reise versorgt. So ein kleiner Motivationsschub tut immer gut…

Endlich Sightseeing 😉

Die nächsten beiden Tage klappt es dann endlich auch mit Sightseeing und Stadtbummeln: als erstes zum großen Basar im Stadtteil Beyazıt, dann Yeni Camii (neue Moschee) unten in Sirkeci. Nachmittags wollen wir eigentlich zur Festung Rumeli raus, aber mit den öffentlichen Verkehrsmitteln wäre das doch zu weit. Also mit der Metro hoch zum Taksim Platz und zu Fuß durch Şişhane und am Galataturm (wegen Renovierung leider geschlossen) vorbei zurück in die Altstadt – natürlich nicht ohne eine kleine Erfrischung in der Çiçek Pasajı 😉. Abendessen gibt es im Red River Pub – wir werden nicht enttäuscht.

Kapalı Çarşı - der große Basar im Stadtteil Beyazıt

Yeni Cami – die neue Moschee aus dem 17. Jh in Sirkeci

Noch mehr Sightseeing...

Am nächsten Morgen entscheiden wir uns, die 600 Lira (17€) Eintritt für die Yerebatan Sarnıcı doch noch zu investieren. Pünktlich um 9 Uhr stehen wir am Eingang und dürfen als eine der ersten die spätantike Zisterne betreten. Erbaut zwischen 532 und etwa 542 im Auftrag Kaiser Justinians diente sie als Wasserspeicher für den Großen Palast im damaligen Konstantinopel. Sie hat ein Fassungsvermögen von ca. 80.000 Kubikmetern Wasser. Das riesige Gewölbe wird getragen von 336 jeweils acht Meter hohen Säulen, angeordnet in zwölf Reihen. Neben der gelungenen Beleuchtung, die die riesigen Säulen in immer wieder wechselnden Farben in Szenen setzt, finden sich auch zahlreiche Werke moderner Künstler entlang des Steges, der für die Besichtigung installiert wurde. Ein absolut lohnendes Erlebnis.

Als wir die Zisterne verlassen, sehen wir schon von Weitem die endlose Schlange vor dem Ticketschalter für die Hagia Sophia und beschließen nun endgültig, uns diese Besichtigung zu schenken. Ebenso wie den Topkapi-Palast, da hier tatsächlich unverschämte 47€ Eintritt pro Person verlangt werden.

Aber es gibt ja noch jede Menge anderer Sehenswürdigkeiten in dieser riesigen Stadt. Vor allem die großen Moscheen mit ihrer beeindruckenden Architektur haben es uns angetan. Wir besichtigen noch die Beyazıt Camii und Süleymaniye Camii und Valens Su Kemeri, die imposanten Überreste des römischen Aquädukts aus dem 4. Jahrhundert.

Yerebatan Sarnıcı (Basilika Zisterne)

Während einer kurzen Verschnaufpause entdeckt Anja im WhatsApp-Status die Fotos von Jochens ehemaliger Kollegin Kathi und denkt sich: „Hm, das kenn ich doch. Sieht aus wie die Blaue Moschee in Istanbul 🤔“. Was für ein Zufall. Kathi ist tatsächlich mit ihrem Partner für einen Kurztrip über Ostern in der Stadt und natürlich verabreden wir uns für den Abend zum Essen. Natürlich in der Çiçek Pasajı.

Vorher gehen wir noch Schifferl fahren, die obligatorische Bosporus-Bootsfahrt darf natürlich nicht fehlen. Leider ist das Wetter inzwischen nicht mehr so schön wie die Tage zuvor, was den Blick auf die imposante Kulisse ein wenig trübt, aber die zwei ruhigen Stunden auf dem Schiff tun trotzdem gut nach all der Lauferei und dem nie endenden Trubel in der Stadt.

Mit Kathi und Andi verbringen wir einen wunderschönen Abend in der Çiçek Pasajı bei leckerem Essen, Efes und Raki und tauschen uns mit den beiden über unsere Eindrücke und Erfahrungen in Istanbul aus.

Am nächsten Vormittag checken wir nach einem ausgiebigen Frühstück aus und fahren mit der S-Bahn zurück zu unserem Oskar, der uns schon sehnsüchtig erwartet. Ein kleiner Bummel noch durch das Viertel am Nachmittag, abends ehrliche Nudeln vom eigenen Herd und dann fallen wir beide todmüde ins Bett für eine letzte Nacht in der Stadt am Bosporus.

Fazit Istanbul

Eine unglaubliche, anstrengende, beeindruckende und völlig durchgeknallte Stadt. Sechs Tage sind bei weitem nicht ausreichend und doch mehr als genug. Wir haben viel gesehen, viel erlebt, waren von vielem begeistert, wurden aber auch schwer enttäuscht bzw. kamen uns schlichtweg übers Ohr gehauen vor. Vor allem die sog. touristischen Angebote sind mit Vorsicht zu genießen. Für den öffentlichen Transport in der Stadt empfiehlt sich die „normale“ Istanbul Card, die immer wieder am Automaten aufgeladen werden kann und übertragbar ist. Die Istanbul City Card ist reine Abzocke und auch die Istanbul Müze Kart, die überall angepriesen wird, lohnt unserer Meinung nach nicht, weil sie schlicht zu teuer ist, wenn man nicht vorhat, wirklich ALLE enthaltenen Sehenswürdigkeiten und Museen zu besuchen.

Dennoch hatten wir natürlich auch unseren Spaß und viele schöne Momente, sind eingetaucht in das orientalische Flair und haben uns treiben lassen in dem quirligen Gewusel in der Stadt. Jetzt sehnen wir uns erst einmal nach ein bisschen Erholung am Meer und freuen uns auf den Rest dieses riesigen Landes. Aber irgendwann werden wir sicher zurückkommen, um einen eingehenderen Blick auf diese faszinierende Stadt zu werfen.

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